Am 4. Februar 2020 ist die größte nationale Unternehmensvereinigung — Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation (HIK Russland) — der Initiative Lissabon-Wladiwostok beigetreten, die sich für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zwischen Europa und Asien einsetzt. Über 100 Unternehmen und Verbände aus Russland, Deutschland und anderen Ländern zählen mittlerweile zum Unterstützerkreis der Initiative, die in 2015 vom Geschäftsführer der Schneider Group Ulf Schneider und Politikwissenschaftler Alexander Rahr gemeinsam mit der Deutsch-Russischen AHK, Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft, Deutsch-Russischen Rohstoffforum und Deutsch-Russischen Forum ins Leben gerufen wurde. Aktuell setzt sich die Initiative für einen konstruktiven Dialog zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) und der Europäischen Union, eine Harmonisierung der Zoll- und Steuerregelungen und der technischen Vorschriften zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) und der Europäischen Union stark ein.
„Mit der heutigen Unterzeichnung des Memorandums bekräftigen wir unser Bekenntnis zum Konzept eines gemeinsamen Wirtschaftsraums von Lissabon bis Wladiwostok, unterstützen die Anstrengungen der Europäischen Kommission und der Eurasischen Wirtschaftskommission zur Vereinheitlichung der Normen und Richtlinien, welche die internationale Geschäftstätigkeit, Wirtschaft und Handel regeln, und setzen uns für eine Harmonisierung der europäischen und eurasischen Integrationsprozesse ein“, betonte der Präsident der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation, Sergej Katyrin in Moskau. In den sechs Jahren nach der Gründung hat die EAWU einen bereits großen Weg gemacht. Es wird viel unternommen, um geschäftliche Rahmenbedingungen zu verbessern, Abgabenbelastungen zu reduzieren sowie Wettbewerbsgesetze zu harmonisieren. „Durch die Verbesserungen im Rechts- und Zollsystem wollen wir höhere Handelsumsätze und ein stärkeres Sicherheitsgefühl erreichen“, so der HIK-Präsident.
Ulf Schneider, Co-Vorsitzender der Initiative und Präsident der SCHNEIDER GROUP, moderierte die im Vorfeld der Unterzeichnungszeremonie stattfindende Konferenz in den Räumlichkeiten der Russischen Handelskammer in Moskau. Laut Schneider komme dem Dialog zwischen der EU und der EAWU beim Aufbau eines gemeinsamen Wirtschaftsraums besondere Bedeutung zu.
Der ehemalige langjährige Präsident von Siemens in Russland und heutiger EAWU-Beauftragter der AHK Russland Dr. Dietrich Möller hob die Bedeutung einheitlicher technischer Standards hervor. Als die Siemens AG und auch weitere Unternehmen nach Russland gekommen seien, hätten sie nicht nur ihre Maschinen und Anlagen, sondern auch eigene Standards mitgebracht. Als Beispiel führte er die Steckdosen an, die heute im Raum zwischen Lissabon und Wladiwostok überall vom gleichen Typ seien. Es sei deshalb auch kein Zufall, dass auf dem Logo der Initiative eine Steckdose abgebildet sei.
Georgij Petrow, Vorsitzender des Rats für Zollpolitik der Russischen Handelskammer, äußerte, dass man zwischen einem einheitlichen und einem gemeinsamen Wirtschaftsraum unterscheiden müsse. Es gehe vorerst nicht darum, einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen, sondern darum, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu schaffen. „In einem gemeinsamen Wirtschaftsraum gibt es nur eine Freiheit, die des Warenverkehrs“, erklärte Petrow. „Wenn nicht wir, dann werden unsere Nachfolger über die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums sprechen.“ Dort werde es dann die sogenannten „vier Freiheiten“ („four freedoms“) geben: die Freiheit des Warenverkehrs, der Dienstleistungen, der Arbeitskräfte und des Kapitalverkehrs. Über die Nachfolger – junge Spezialisten – sprach Ernesto Ferlenghi, Chef des Verbandes italienischer Industrieller in Russland („Confindustria Russia“). Er würdigte unter Anderem den Beitrag des Studentenaustauschprogramms Erasmus zur Ausbildung von Fachkräften, die in Zukunft Entscheidungen über die europäisch-eurasische Zusammenarbeit treffen würden.
Auch Artak Kamaljan, Minister für Industrie und Agrarindustrie der Eurasischen Wirtschaftskommission, sowie Andrej Spartak, Vorsitzender des Handelskammerausschusses für Wirtschaftsintegration und Außenwirtschaft und korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften, kamen auf der Konferenz zu Wort. AHK-Vorstandschef Matthias Schepp war an der Unterzeichnungszeremonie ebenfalls beteiligt.
Neben der Handels- und Industriekammer sind noch weitere Unternehmen und Verbände der Arbeitstruppe Lissabon-Wladiwostok beigetreten, darunter der russische Verband der Spezialtechnikhersteller Rosspezmash, der russische Verband der Zellstoff- und Papierhersteller, der französische Mitfahrdienst BlaBlaCar, der österreichische Kaffeehersteller Julius Meinl und die Sonderwirtschaftszone Lotos aus dem Gebiet Astrachan.
Quelle: Deutsch-Russische AHK, Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation